28.03.2024

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Rauschende Premiere des „Wirtshaus im Spessart“


Links, v.l.: Franziska (Arndis Halla), Zofe Barbara (Evelyne Wehrens), Pfarrer Haug (Alois Schnorrberger), Baron von Sperling (Fred Hoffmann), rechts oben: Parrucchio (Rainer Zaun), rechts unten, v.l.: Knoll (Heinz Maraun), Funzel (Holger Ehlers) (Fotos: Koß)

(ak) Im Wald, da sind die Räuber! Comtesse Franziska von Sandau (Arndis Halla), ihre stocksteife Zofe Barbara (Evelyne Wehrens), ihr Verlobter Baron von Sperling (Fred Hofmann) und Pfarrer Haug (Alois Schnorrberger) bleiben auf dem Weg nach Würzburg im Wald mit ihrer Kutsche hängen. Auf Anraten zweier „Passanten“ – der Räuber Knoll (Heinz Maraun) und Funzel (Holger Ehlers) – geht die Reisegruppe in ein nahegelegenes Wirtshaus. In dieser Räuberhöhle voller skurriler Waldschrate fallen sie in Schurkenhände, ebenso wie die Handwerksburschen Felix (Youngwook Kim) und Peter (Holger Müller). Franziska, unerschrocken, tauscht ihre Kleider mit Felix und flüchtet. Als sie erkennt, dass ihr Vater Graf von Sandau (Hans-Josef Overmann) es nicht über seinen Geiz bringt, das geforderte Lösegeld von 20.000 Gulden zu bezahlen, verdingt sie sich als Räuberbursche Franz, um ihren Gefährten zu helfen. Der smarte Räuberhauptmann (charmant: Marcus Seimel) erkennt den Burschen als Franziska, schützt sie aber, denn sie haben sich ineinander verliebt.
Zwischenzeitlich mutmaßen die Räuber bereits, dass Felix in Franziskas Kleidern ein Mann ist, weil die „Dame“ sich rasiert. Zofe Barbara findet Gefallen an Felix und mutiert stufenweise vom stets pikierten Fräulein zur wilden Femme Fatale. In die Verwirrung mischt sich der äußerst preußische Obrist von Teckel (köstlich: Gerhard Schramm), der mit seiner Truppe Rast macht. Der Obrist fühlt sich aufgerufen, die Räuber anzugreifen, muss aber feststellen, dass diese bereits besiegt sind. Knoll und Funzel haben dafür gesorgt, sie träumen von einem wohlanständigen Leben und bemühen sich, die Kurve in Richtung Häuschen mit Garten zu nehmen.
Schließlich treffen sich alle auf Schloss Sandau. Franziska erfährt, dass ihr Räuberhauptmann in Wahrheit der standesgemäße Ferdinand Graf von Ruppertsburg ist. Wie das Schicksal es will, schuldet Graf von Sandau diesem schon lange 20.000 Gulden. Graf von Sandau werden seine Schulden erlassen, dafür gewährt er Ferdinand die Hand seiner Tochter.
Die Inszenierung von Thomas Kiemle ist für alle Beteiligten ein Riesenspaß – für das Ensemble und die Zuhörer. Ein jeder auf der Bühne hat sich seiner Spielfreude ganz hingegeben und seiner Rolle einen ausgeprägten Charakter verliehen. Genüsslich wurde jeder Unfug ausgelebt und vom Publikum erfreut belacht. Die Handlung und die Charaktere sind einfach – und einfach köstlich. Arndis Halla besitzt neben einer schönen Stimme ein ausgeprägtes komisches Talent und kann sich aufrecht neben die in dieser Rolle legendären Lilo Pulver stellen. Sie kann listig linsen, mit Blicken Pfeile schleudern, beleidigt schniefen und alle Unschuld der Welt in den Augen haben. Wundervoll auch Evelyne Wehrens als wandelbare Barbara. Die Szenen verbindend sind die Rollen von Knoll und Funzel, die sich mit Herz und bodenständiger Schnauze durchs Geschehen berlinerten – sehr zur Freude des Publikums. Aus der Nebenrolle des Parrucchio, dem lustigen italienischen Gaukler, der später als Getreuer Ferdinands enttarnt wird, machte auch Rainer Zaun etwas Besonderes.
Für das Orchester unter der Leitung von Professor Klaus Eisenmann hieß die Herausforderung Zurückhaltung, obwohl das Temperament gelegentlich mit ihm durchging. Für die gut gelaunte Spielleistung aller gab es zum Schluss ein Küsschen für die erste Geige.
Das Bühnenbild von Ruth Spemann im Sparzwang erlegte den Sängern weiteren Text auf: Mangels festen Hintergrunds wurde wörtlich gepocht („Poch, poch...“) und gescharrt („Kratz, kratz...“), was aus der Not eine Tugend mit vielen Pointen machte. Sogar das Wetter behielt gute Laune und die Premiere blieb in trockenen Tüchern.
Der Lohn waren anhaltender, rauschender Applaus, Johlen, Pfeifen und Bravo-Rufe von den zahlreich erschienenen Zuschauern. Und wenn es stimmt, dass Beifall das Brot des Künstlers ist, dann sind die Akteure und die Orchestermitglieder wohlgesättigt auf ihr Nachtlager gesunken.
Weitere Aufführungen des "Wirtshaus" gibt es am Sonntag, 14. August, am Mittwoch, 17. August und am Donnerstag, 18. August, jeweils um 20 Uhr im Schlosshof.
Karten sind erhältlich im Festspielbüro in Zwingenberg, Tel. (06263) 771, im Internet (s.u.) und an der Abendkasse.


E-Mail-Kontakt: info@schlossfestspiele-zwingenberg.de

Infos im Internet:
www.schlossfestspiele-zwingenberg.de


12.08.05

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