Türkisch-islamische Gemeinde sucht ein neues Domizil für ihre Moschee (Fotos: Thomas Wilken)(tom) Solche Worte fallen normalerweise nicht in den Oberzent-Ausschüssen: Frechheit, Schwachsinn, eine „Diskriminierung, die alles toppt“, Muslime unter Generalverdacht. Worum ging es? Eigentlich um eine Grundstückanfrage der türkisch-islamischen Gemeinde. Die will sich bekanntlich räumlich verändern und sucht ein neues Domizil für ihre Moschee.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte die CDU mit einer in acht Punkte gegliederten Anfrage. Dieser Katalog entspreche, sagte Fraktionsvorsitzender Walter Gerbig, der Meinungsbandbreite in der kürzlichen Sitzung. Überwiegendes Stimmungsbild sei zwar, dass sich angesichts der bisherigen, unzureichenden Räumlichkeiten „etwas tun muss“ – aber das Spektrum der Äußerungen sei sehr breit.
So breit, dass Mevlüt Erdogan, Vorsitzender der Mevlut-Moschee, in seiner Erwiderung teilweise harte Worte wählte. Etwa zu diesem Punkt: „In einem mit dem Moscheeverein Beerfelden zu schließenden Vertrag ist nach unserer Ansicht eine Wohlverhaltensklausel einzufügen, die beinhaltet, dass man sich von antisemitistischen Äußerungen distanziert und jede Form von Extremismus strikt ablehnt.“
Damit sah er die hiesigen Muslime unter Generalverdacht gestellt. „Wir müssen brav sein.“ Erdogan empfand die Unterstellung als „Frechheit“. Er werde eine solche Wohlverhaltensklausel als Vorsitzender nicht unterschreiben. Ausschuss-Vorsitzende Katharina Riesinger (ÜWO), die die CDU-Anfrage vorher nicht kannte, empfand sie als „Schwachsinn“.
Der Punkt erweckt lau Erdogan den Eindruck, „unsere Moscheegemeinde stünde dem Antisemitismus oder anderen menschenverachtenden Ideologien nahe und müsse sich von diesen distanzieren“. Für ihn ist die Klausel „absolut diskriminierend und undemokratisch“. Die 45-jährige Geschichte des Moscheevereins in Beerfelden „und die Realität werden ignoriert“.
Die CDU wollte weiter wissen, wer als Käufer des Grundstückes auftritt und wer Eigentümer sein wird. Die in diesem Zusammenhang erwähnte Diyanet ist laut Erdogan nur in der Türkei tätig. Käufer sei die muslimische Gemeinde Beerfelden. Finanziert werden Kauf und Bau durch den Verein und seine Mitglieder. Eigentümer könnten der Dachverband Ditib in Köln oder die Beerfelder sein. Die Entscheidung fälle der örtliche Verein.
Einen Einblick in die Finanzierung des Projekts könne man der Stadt als Vertragspartner gerne gewähren, sagte der Vorsitzende. Sollte es irgendwann zu einer Auflösung des Moscheevereins kommen, dann könnten Grundstück und Gebäude an die Kindergärten und Schulen der Stadt gehen, lautete sein Vorschlag.
Kritisch gesehen wurde von der CDU die Verbindung zwischen der Ditib und der Religionsbehörde Diyanet. Deren Ziel sei ein politischer Islam, hieß es. „Ditib ist nicht Diyanet“, betonte Erdogan. Eine Zusammenarbeit mit dieser erfolge nur in isalm-theologischen Themen. Verlautbarungen und Erklärungen derer hätten keinen Einfluss auf das religiöse Leben der hiesigen Moscheegemeinde.
Es habe eine klare Verurteilung des Hamas-Terroraktes am 7. Oktober durch die Ditib gegeben, erklärte der Vorsitzende anhand eines einschlägigen Zeitungsartikels. Die muslimische Gemeinde Beerfelden habe stets bewiesen, dass sie sich immer gegen Gewalt und Diskriminierung ausspricht. „Sie steht für einen Dialog und den offenen Austausch.“
„Das Feuer rausnehmen“ aus dieser „sehr wichtigen Diskussion“ wollte Thomas Väth (Grüne). „Es geht nur um den Grundstücksverkauf“, betonten auch Riesinger und Bürgermeister Christian Kehrer. Dass man weiß, mit wem man es zu tun hat, machte Wilfried Friedrich (ÜWO) deutlich. „Mit einem neuen Gebäude ändert sich ja nicht unsere Einstellung.“ Ähnlich André Bechtold (FDP): „Wir kennen uns, wir sind zusammen aufgewachsen.“
Außer Riesinger, die mit der Nähe zu Markt- und Festgelände haderte, hatten die anderen Ausschussmitglieder mit der Grundstückslage keine Probleme. „Wir können uns das hier gut vorstellen“, meinte Thomas Ihrig (SPD). Allerdings sollte im Kaufvertrag die Nutzung klar definiert sein. Auch Gerbig sprach sich dafür aus, an dieser Stelle die Planungen weiterzuverfolgen.
Im Vorfeld hatte Kehrer erläutert, dass ursprünglich zwei städtische Grundstücke in der engeren Wahl waren. Das eine im Zieglersfeld mit 2.000 Quadratmetern „wollen wir aber nur ungern als Gewerbefläche aufgeben“, sagte er. Deswegen liegt der Fokus nun auf dem in der Gammelsbacher Straße neben dem Kindergarten mit etwa 1.100 Quadratmetern. Der Magistrat wird nun nach dem entsprechenden Signal aus den Gremien in die weiteren Verhandlungen gehen.
19.06.24 © 2024 www.EBERBACH-CHANNEL.de / OMANO.de |