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Nachrichten > Kultur und Bildung

Ritterkämpfe, Musik, Gaukelei und viel altes Handwerk


(Fotos: Thomas Wilken)

(tom) Klaus-Jürgen Ehret strahlte heute Nachmittag mit der Sonne um die Wette. Die Wolken am Himmel wurden immer weniger, dafür wurde der Chateau-Landon-Platz immer voller. „Das ist ein super Sonntag“, stellte der Ritter-Präsident fest. Bei der 39. Auflage des Hirschhorner Ritterfestes hatte Petrus nach dem etwas ungemütlicheren Samstag ein Einsehen. Der präsentierte sich laut Ehret „normal“, während heute Straßen und Wiesen auf dem Gelände des Mittelaltermarktes „gestopft voll“ waren. Zeitweise gab es kaum noch ein Durchkommen. Freudig stellte Ehret fest, dass diesmal besonders viele Auswärtige unter den Gästen waren - aus Regionen, von wo man bisher gar keine wenig Besucher begrüßten konnte.

Das merkten auch die Helfer an den verschiedenen Essens- und Getränkeständen. Beim Skiclub wurde schon drei Stunden nach Beginn die fünfte große Fuhre Bratkartoffeln in die Grillpfanne gekippt. Am Waffelstand wurde die Schlange immer länger - 120 Liter Teig waren fürs Wochenende eingeplant. Und im Langosch-Stand waren sechs oder sieben Paar helfende Hände dabei, der großen Nachfrage Herr zu werden. Hier wurde ein Vielfaches an Teiglitern verarbeitet. So wie diesen ging es vielen anderen Händlern: Dichte Trauben bildeten sich an den verschiedenen Ständen.

„Wir haben etwa 90 teilnehmende Gruppen, Händler, Handwerker und Künstler“, erläuterte Präsident Ehret. Nächstes Jahr, wenn das Ritterfest zum 40. Mal stattfindet, ist etwas ganz Besonderes geplant, verriet er: Die „Wolfenacker“-Wiese gegenüber des Neckarufers soll zum großen Lagerleben werden. Hier könne man sich vorstellen, viele Gruppen einzuladen, die dann dort übers Wochenende mittelalterliche Leben „live“ zeigen. Was für Ehret auch den Vorteil hat, dass damit direkt von der Uferstraße das Fest erblickt werden kann.

Altes Handwerk wird ganz groß geschrieben: Der mittelalterliche Markt ist dafür bekannt, dass immer zahlreiche Darsteller ihre sonst längst vergessenen Künste demonstrieren. Etwa der Wippdrechsler Johannes Brenner, der seit etlichen Jahren den weiten Weg von Meinerzhagen in Nordrhein-Westfalen an den Neckar auf sich nimmt. Und besonders die Kinder zum Mitmachen einlädt. „Die Atmosphäre hier ist einfach besonders“, nannte er einen Grund für die alljährliche Wiederkehr. Die Ritter seien „mit Liebe dabei“, alles habe einen sehr familiären Charakter. Brenner ist schon so lange mit im Boot, dass er die vielen Jahre gar nicht mehr zusammenbekommt. „Aber ich weiß, dass heute junge Frauen an meinen Stand kommen, an die ich mich noch erinnere, wie sie als kleine Mädels mit Opa die Wippdrechselbank bedient haben“, meinte er verschmitzt.

Ganz auf die Bedürfnisse der kleinen Prinzessinnen ist Hans Franzisko eingestellt. Er gehört zu den „Dinosauriern“ der Mittelalterszene und ist schon über 25 Jahre mit seinen Waren auf Märkten in ganz Deutschland dabei. Beim Hirschhorner Ritterfest „schmiss“ Marianne Heisner zusammen mit Bärbel Franzisko den Verkaufsstand. Von ihr stammen auch die selbst genähten „Burgfräuleinkränze“. „Wir sind eine große Familie“, betonte Heisner den Zusammenhalt unter den Ausstellern und die „Faszination Mittelalter“. Für beide war es ein Heimspiel, kommen sie doch aus Hirschhorn.

Inge und Michael Hafner hatten „Besteckschmuck“ im Gepäck. Die beiden Hockenheimer fertigen Ringe, Armbänder oder Schmuck aus altem Silberbesteck in der heimischen Werkstatt. „Hirschhorn war schon immer toll“, sagte Inge Hafner. „Eine super Organisation und große Freundlichkeit“, betonte sie. Beide waren erst als Besucher auf historischen Märkten unterwegs, beschlossen dann vor sieben Jahren, selbst aktiv als Händler einzusteigen. „Wir kommen immer wieder gerne an den Neckar“, sagte Inge Hafner.

Aus der Pfalz setzte Margot Hofmann über den Rhein. Von Beruf Wollefärberin, war sie beim Ritterfest mit einer Spinnstube vertreten. Den Beruf der Lehmbauerin hat Nicole Wolpensinger erlernt. Was sie fertigt, hat einige Anklänge von Yoda und Avatar. Sie ist „erst“ seit vier Jahren in Hirschhorn dabei, im Gegensatz zu Ronny Steinmann, dem Steinmetz aus dem Elsass. Der lässt das Ritterfest schon seit 15 Jahren nicht mehr aus. Beide lobten das „natürliche Ambiente“ und die „große Familie“ bei den Rittern. Und das „tolle Essen“: Der Braten „ist einfach sagenhaft“, meinten sie unisono.

Der 48-jährige Silber- und Bronzeschmied Thomas Eisermann aus Ober-Olm findet es gut, „dass es hier so viel vorführendes Handwerk gibt“. Hirschhorn sei „ein sehr angenehmer Markt mit supernetten Veranstaltern, die sich um alles kümmern“. Nur knapp 20 Kilometer musste Frank Derikatz aus Wald-Michelbach an den Neckar zurücklegen. Der Lederer „macht wirklich alles selbst“, wie er betonte: Gürtel, Taschen, Schnallen, Schließen und vieles mehr. „Ich arbeite von Hand so perfekt, dass die Gäste denken, es wäre mit der Maschine gefertigt“, meinte er schmunzelnd.

„Die Veranstalter und Vereinsmitglieder haben total viel Spaß an der Sache“, war Scherenschleifer Wolfhard Pohl aufgefallen. Das übertrage sich auf die Aussteller und wiederum auf die Gäste. Natürlich komme noch die „professionelle Organisation“ hinzu. Im regen Treiben des Handwerkerdorfes konnte man noch vielen anderen Künstlern über die Schulter schauen und so manches über die alten Handwerke erfahren. Zu bestaunen waren beispielsweise Quacksalber, Brillenmacher, Papierschöpfer, eine historische Färberei und vieles mehr.

Zur Eröffnung gab es traditionsgemäß das Marktregularium, verlesen vom Marktvogt höchstpersönlich, Dieter König. Ritter-Präsident Ehret machte das ehrenwerte Publikum mit den damaligen Zeiten vertraut, als Hirschhorn zu Höherem berufen war. Allerlei Fußvolk und auch Volksvertreter aller Couleur fanden sich zu dem anfänglichen Spektakel ein, das - laut bösen Zungen - seinen Höhepunkt im Fassbieranstich fand. Danach ver- und zerstreuten sich die (nicht mehr) durstigen Kehlen auf dem Platz und ergötzten sich am Dargebotenen.

Wenn der Samstag auch der ruhige Tag des Wochenendes war, so füllten sich bereits bald nach der Eröffnung die verschiedenen Schauplätze. „Theo Theodor“, der Meister der Reime, fabulierte, bis den Gästen die Ohren qualmten. Fürs diesjährige Motto „Akademie der Wissenschaften“ wurden zwei außerordentliche Gelehrte verpflichtet: der Doktor dreier Fakultäten, Dr. Dr. Dr. Bombastus mit seinem Gehilfen Leonardo, und Severinius d.J. mit Ludovico, der Leonardo da Vinci nacheiferte.

Eine Stadt tauchte zwei Tage lang ein ins Mittelalter. Hirschhorn am Neckar katapultiert sich immer am ersten September-Wochenende zurück in die Zeit der Stadtrechts-Verleihung im ausgehenden 14. Jahrhundert. Gaukler, Musici von „Canora“ oder „Ranunculus“, allerlei fahrend Volk und gefährlich aussehende Rittersleut der tschechischen Gruppe „Fictum“ lassen die hochherrschaftlichen Zeiten wieder aufleben, als das Geschlecht der Ritter von Hirschhorn über viele Ländereien der Kurpfalz herrschte – darunter Mannheim, Heppenheim und Bensheim.

Zum 39. Mal organisierten die Hirschhorner Ritter, heutzutage der größte Verein in der Stadt, das beliebte Ritterfest. Alljährlich kommen dazu mehrere tausende Besucher ins hessische Neckartal, mehr als die Stadt Einwohner hat. Sie ergötzen sich am bunten Treiben rund um den Chateau-Landon-Platz, an den Klängen von alten Instrumenten, am Klirren der Schwerter oder an den außergewöhnlichen Gaumenfreuden, egal ob in flüssiger oder fester Form.

06.09.15

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