Jagdschule geplant (Foto: Thomas Wilken)(tom) Und wieder geht ein Stück Gastronomie-Geschichte im Odenwald zu Ende. Der überregional bekannte Waldgasthof „Reußenkreuz“ auf dem Krähberg beim Oberzent-Stadtteil Ober-Sensbach mit angeschlossenem Hotel wurde verkauft. Bis Ende Februar ist noch geöffnet. „Uns blutet das Herz“, sagt Brigitte Rüting, die mit ihrem Bruder Markus Kroll seit 2007 in vierter Generation die Restauration führt. Der Käufer kommt aus dem Frankfurter Raum, verrät sie, und will ab März eine Jagdschule einrichten.
Einige Faktoren kamen zusammen, dass die Geschwister nach 87 Jahren im Familienbesitz jetzt den Schlussstrich fürs Objekt zogen. Zum einen gibt es keine Nachfolger aus der Familie, zum anderen stehen größere Investitionen an. „Man fragt sich aber dann, für wen?“, erklärt Rüting. Und zu guter Letzt verschärfte sich durch die Corona-Pandemie auch noch die Personalsituation.
Der Verkauf „tut uns Leid“, sagt sie, aber es fehlten einfach die Alternativen, bittet sie auch ein Stück weit um Verständnis. In ein oder zwei Jahren wäre es sowieso dazu gekommen, schätzt sie. Den beiden fiel es „sehr, sehr schwer“, nach so langer Zeit aufzuhören, doch in ihren Augen war es diese Lösung rational betrachtet sinnvoll – emotional sieht es bei Rüting und Kroll aber ganz anders aus, gibt sie offen und ehrlich zu.
Der erzielte Kaufpreis liegt relativ nah an den Verkäufer-Vorstellungen, erläutert sie. Diese wurden in einer Anzeige mit 749.000 Euro beziffert. Allerdings ist der ideelle Wert für die Geschwister um ein Vielfaches höher, denn schließlich steckten schon die Vorfahren viel Arbeit in den Waldgasthof. Ob die beiden irgendwo gastronomisch weitermachen, weiß sie noch nicht zu sagen, schließt es aber auch nicht aus. „Erst einmal schließen wir das eine ab und überlegen dann“, geht es jedoch Schritt für Schritt.
Die Stammgäste äußern großes Bedauern über die Schließung, weiß die Gastronomin aus zahlreichen Rückmeldungen. Denn durch das Bestehen von Hotel und Restaurant seit 1935 waren schon mehrere Generationen Gäste in Restaurant und Hotel. Selbst die Enkel früherer Erholungssuchender konnte man schon begrüßen. Nicht nur aus der Umgebung, sondern auch aus Frankfurt und Mannheim.
„Viele kommen jetzt noch einmal, um sich zu verabschieden“, dankt sie diesen für Treue und Verbundenheit. Bis Ende Februar ist außer montags und dienstags noch regulär geöffnet: immer von 8 bis 22 Uhr, außer mittwochs ab 17 Uhr. Die Küche hat von 12 bis 14 Uhr und von 17 bis 21 Uhr offen.
Viele Kauf-Interessenten „sind im vergangenen Jahr durchgegangen“, berichtet sie. Kein einziger von diesen wollte das Restaurant weiterführen, bedauert die Gastronomin. Allerdings kam bei den vielen Besichtigungen dabei nichts raus. Nun ging es doch ziemlich schnell. Die neuen Eigentümer werben auf ihrem Account bei Instagram als „Jagdschule Krähberg“ mit 3000 Hektar Schulungsrevier, einem eigenen Schießkino, Jagdschulhotel und Biergarten.
Das Reußenkreuz wurde um 1720 als Forsthaus direkt an der heutigen Landesstraße in ungestörter und sonniger Alleinlage auf der Passhöhe im Wald erbaut. Schon kurz nach Errichtung wurde darin die Gaststube „Zum Auerhahn“ eröffnet, heißt es in der Verkaufsbeschreibung. 1936 – nach der Übernahme durch die Vorfahren der heutigen Eigentümer – wurde das geräumige Gästehaus errichtet, damals noch als Fachwerkbau. Im Haupthaus befinden sich die Rezeption, der Restaurantbetrieb mit der Aussichtsterrasse und eine Wohnung.
Das Gästehaus mit den vier Einzelzimmer und 13 Doppelzimmern befindet sich wenige Schritte vom Haupthaus entfernt. Der gastronomische Bereich umfasst insgesamt mehr als 250 Sitzplätze. Die Gebäude umfassen zusammen 1085 Quadratmeter, das Grundstück 11.400, so der Text weiter. Das Reußenkreuz auf 515 Metern liegt auf einem bewaldeten Bergrücken im Buntsandstein-Odenwald östlich von Beerfelden, nördlich von Ober-Sensbachtal und westlich von Schöllenbach.
Im Norden befindet sich wenige hundert Meter entfernt der Krähberg (555 Meter) mit dem gleichnamigen Jagdschloss (erbaut 1771), nach Südwesten führt eine kilometerlange Kammlinie zur Sensbacher Höhe (558 Meter) und im Südosten liegt rund einen Kilometer entfernt der Breithaupt (522 Meter), wo sich der Bergrücken weiter aufgliedert. Das Reußenkreuz befindet sich an einem Wasserscheidepunkt zwischen dem Mümlingtal im Westen, dem Sensbach im Süden und der Itter im Osten und somit auf der Wasserscheide zwischen Main und Neckar, heißt es abschließend.
25.01.22
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