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Nachrichten > Kultur und Bildung

Asaeda-Ensemble spielte Mozart


(Foto: Hubert Richter)

(hr) (khm) Beim Konzert mit Mozarts bedeutendsten Streichquintetten evangelischen Gemeindehaus am Leopoldsplatz in Eberbach am Freitag, 21. Oktober, waren die Ausführenden: Nobuhiko Asaeda (Violine), Carol Vitez (Violine), Daniela Tomas (Bratsche), Takako Igarashi (Bratsche) und Wolfgang Lehner (Violoncello). Veranstaltet wurde das Konzert von der Fördergemeinschaft Deutsch-Japanische Musikakademie Asaeda e.V. dank der Bemühung von Dr. Joachim Fischinger (Eberbach). Der Vorsitzende des Vereins Prof. Michael Schallies begrüßte das Publikum und stellte das erlesene Kammermusikprogramm vor.

Für Streicher allein komponierte Wolfgang Amadeus Mozart (1756-91) - von seinem zwölften Lebensjahr an - 35 Werke. Zu den darunter befindlichen 23 Streichquartetten traten auch fünf Originalstreichquintette, deren erstes in B-Dur KV 174 in Salzburg 1773 geschrieben wurde. Erst 14 Jahre danach, im Jahre 1787, in Wien schuf Mozart zwei weitere Quintette, das in C-Dur KV 515 und das in G-Moll KV 516 - in diesem Konzert gespielt. Ferner entstanden noch 1790 und 1791 die beiden letzten: das in D-Dur KV 593 - ebenfalls in diesem Konzert - und das in Es-Dur KV 614. Alle gehören zu Mozarts vielen meisterhaften und gedankenreichsten Kompositionen. Gefürchtet sind sie auch wegen ihrer spieltechnisch hohen Anforderungen.
Über den Entstehungsgrund der Quintette sind keine Notizen erhalten. Waren sie Auftragswerke, etwa dem preußischen König und Cellisten Friedrich Wilhelm II. (1744-97) zugedacht, dem Mozart schon seine drei "Preußischen Quartette” gewidmet hatte (A. Einstein)? Auffällig ist bei diesen Quintetten zumindest die damals unübliche Besetzung mit zwei Violen und nur einem Cello, das dadurch hervorgehoben ist und für Widmung an einen Cellisten sprechen könnte. Nach einer Zeitungsannonce könnte es auch wie Quintett KV 593 komponiert sein "für einen ungarischen Liebhaber - amatore ongarese“, in dem man den reichen Tuchhändler und virtuosen Geiger Johann Tost zu sehen glaubt, dem Haydn zwölf seiner Quartette (op.54, 55, 64) gewidmet hat. Tost war Logenbruder Mozarts gewesen. Das einzige, was man noch zur Entstehung weiß, ist eine “Musikalische Nachricht” in der “Wiener Zeitung” vom April 1788, in der Mozart Quintette anbot: "Drei neue Quintette a 2 Violini 2 Viole e Violoncello welche ich, schön und korrekt geschrieben, auf Subscripzion anbiete. Der Preis der Subscripzion ist 4 Ducaten zu 18 fl. Wiener Kurent Wien den 1. April 1788 Kapellmeister Mozart in wirkl. Dienste Sr. Majestät". Bis 1789 verlängerte Mozart den Subskriptionstermin - erfolglos.

Im Stil unterscheiden sich Mozarts Streichquintette nicht von seinen Meisterstreichquartetten. Sie sind strenge Kammermusik. Das hinzutretende fünfte Instrument ist bei ihm stets eine zweite Viola, kein zweites Cello - vielleicht im Hinblick auf einen Cello spielenden Widmungsträger. Tat er es im Gegensatz zu den Werken des damaligen Hauptvertreters der Gattung Luigi Boccherini (1743-1805), der als "preußischer Hofcompositeur" schließlich nur noch für den preußischen König komponierte. Der mozartischen Besetzungsart folgten später Brahms und Bruckner. Nur Schuberts Quintett C-Dur op. 163 hat noch zwei Celli.
Die Besetzung mit den tonmäßig sehr beweglichen Bratschen statt zweier Celli erlaubte Mozart indes aparte Klangkombinationen, die man auch bei den hier gespielten Quintetten beobachten konnte, zum Beispiel das Dialogisieren des höchsten Instruments (Violine) mit dem tiefsten (Cello) zu einer kompakten Dreistimmigkeit der Mittelstimmen, den Auftritt der ersten Violine und der ersten Viola als konzertierendem Duo mit der begleitenden Restgruppe, Entlastung des Cellos in seiner Bassfunktion durch die zweite Bratsche, womit dem Cello viel melodischer Spielraum geschaffen wurde, ferner die Möglichkeit zu effektvollen Oktavverdopplungen, einer Klangwirkung infolge des paarweisen Vorkommens von Violine und Viola bis hin zum gelegentlich getadelten orchestralen Kolorit. Diesen Konstellationen entsprach auch die Sitzordnung des Asaeda-Quintetts. Es saßen einander gegenüber erster Violinist und erste Bratschistin. Zweiter Violinist und zweite Bratschistin saßen entsprechend aufeinander bezogen. In der Mitte der Cellist, der über seine Bassfunktion weit hinausgehende virtuose Anforderungen bewältigte. Wenn auch die ersten Instrumente - und hier besonders der erste so brillant spielende Violinist - mit virtuosen Auftritten von Mozart verwöhnt wurden, so standen ihnen wie bei wahrer Kammermusik, die von gegenseitigem Geben und Nehmen lebt, die zweiten Instrumente, vielseitig gefordert, gleichwertig und gleichgewichtig zur Seite. Zur Bratsche in den Quintetten sei noch erwähnt, dass Mozart selbst bei Aufführungen des D-Dur-Quintetts die erste gespielt habe.

Im Konzert erklang zuerst das Quintett G-Moll (KV 516) von 1787, das vielen als bedeutendstes Streichquintett Mozarts gilt. Otto Jahn (1813-69), eigentlich Professor der klassischen Philologie, charakterisierte das Werk in seiner berühmten Mozart-Monographie so: "Es gibt wenige Instrumentalkompositionen, welche leidenschaftliche Stimmung mit so sinnlicher Energie aussprechen wie dies G-Moll-Quintett". Ob es dabei um den biographischen Ausdruck "subjektiver persönlicher Leiderfahrung" geht wie Vereinsamung, steigende Misserfolge, Todeserfahrungen oder es einfach geht um angedeutete Affekte von Trauer, Erregung, Verzweiflung, kann nur vermutet werden. Aber es fehlte auch nicht Stimmungsumkehr, im Verlauf des Werks spürbar am Zunehmen von G-Dur-Thematik, die das Trio des Menuetts und ganz das Finale bestimmt und die das Ensemble auch in Spiel und Gestik spürbar machte.
Im eröffnenden Allegro erschien über den dezent klopfenden Achteln der Begleitung die weit ausladende Hauptthematik in der ersten Violine, Klagegesang genannt, der von Instrument zu Instrument wanderte bald erregend, bald beruhigend und die im ganzen Satz dominierte, um, chromatisch - in Halbtönen absteigend -, piano vor den beiden kräftigen Schlussakkorden verklang.
Das Menuetto: Allegretto war von Mozart wohl vorgezogen, um zum flächigen Kopfsatz einen rhythmischen Gegensatz zu bilden, den das Ensemble dann auch noch in dem weiteren Gegensatz von Menuett (düsteres G-Moll) und Trio (tröstlicheres G-Dur) verdeutlichte.
Das Adagio ma non troppo- con sordino (mit Dämpfer zu spielen) steht überraschend in Es-Dur, was nicht gerade einem Klagegesang zusteht, der aber durch plötzliche Moll-Episoden wieder anklingt, die Mozart geschickt einführt und wieder aufhellend auflöst. Es entsteht so eine Zweiteiligkeit, die man "schmerzliche Heiterkeit" genannt hat und die auch spürbar wurde.
Am Schluss stand ein kurzes sich aufhellendes Adagio (3/4Takt in G-Moll und G-Dur), welches zum Allegro (6/8-Takt in G-Dur, attacca! - schließ an!) führte und vom Adagio her überleitete. Es steht ganz in tröstlichem G-Dur, was den Stimmungsumschlag im Quintett unüberhörbar und musikalisch eindrucksvoll bewirkte. Das Ensemble betonte dazu das jetzt dominierende tänzerische Element, das dem Ganzen den Ausdruck heiterer und beglückender Musik verlieh: ein "lieto fine - happy end" also? Dazu noch einmal Otto Jahn: "Der Jubel des letzten Satzes und der Schmerz des ersten gehören einer und derselben Natur an, die mit vollendeter Wahrheit künstlerisch wiedergegeben ist".

Auf Bestellung eines unbekannt gebliebenen Musikfreundes ("amatore ongarese") ist das Quintett D- Dur (KV 593) von 1790 entstanden. An Bekanntheit und Beliebtheit erreichte es das in G-Moll nicht, aber auch ohne Blick in eine Partitur musste das Publikum schon anhand der eindrucksvollen Darbietung durch das Ensemble dessen Bedeutung als ein "kontrapunktisch" und auch "motivisch-thematisch ungewöhnlich gearbeitetes Opus" erkennen.
Der Cellist eröffnete präzise mit einer Art Fanfare - mehrfach und in verschiedenen Lagen diese wiederholend - das kurz einleitende Larghetto, das vor der Coda und Schluss noch einmal, und zwar ausgeschmückter vorkommt. An die Fanfare schlossen sich in diesem Satz, mit dem Cello dialogisierend, die anderen Instrumente zart und empfindsam wie schwebend an.
Das darauf folgende Allegro erklang marschartig. Bei seinem zierlichen Hauptthema waren die Triller, Achtelnoten mit zugehörigen Achtelpausen und die Triolengänge in durchsichtigem Spiel gut hörbar herausgearbeitet.
Im so sehr bewunderten Adagio (G-Dur) gestaltete das Quintett aufmerksam die Struktur des Satzes, in dem ein ruhiger, empfindsamer Hauptteil abwechselte mit zwei dramatisch sich steigernden Molleinbrüchen. Diese, von einem wunderbaren Violinsolo und gekonnt ausgeführten Cellotrillern über präzisen Sechzehnteltriolen der Mittelstimmen gebildet, waren besonders eindrucksvoll gestaltet.
Das folgende Menuett Allegretto in D-Dur bietet dann sehr flüssige Melodik, bei der die Ausführenden die teilweise kunstvoll kanonisch-kontrapunktische Verarbeitung deutlich vorführten. Im Trio verwendete Mozart zur Begleitung das bei ihm nicht gerade häufige Pizzicato (Saiten anzupfen). Es spielten Violine und dann Cello dazu tonsicher einen sehr hoch aufsteigenden Gang, dem ein serenadenhaftes Violinsolo klangschön folgte über gezupften Saiten der anderen. Im Finale: Allegro (6/8-Takt) hatten die Musiker alle Künste des Kontrapunkts in den vielen fugierten Bestandteilen vorzuführen. Ganz besonders dürfte dem Publikum aber das dominierende, heitere, neckisch-schelmische triolische Hauptthema in seiner raschen und tonsicheren Ausführung durch die Instrumentalisten unter Führung des brillanten Primgeigers gefallen haben und in Erinnerung bleiben.

Zum Schluss begeisterter, nicht enden wollender Beifall des zahlreich gekommenen Publikums wie bereits nach dem ersten Konzertteil. Das Quintett belohnte dies mit der brillanten Wiederholung des Schlusses des G-Moll-Quintetts (KV 516), dem von G-Moll zu G-Dur sich aufhellenden Adagio, dem attaca ein (zumindest scheinbar) frohgemut heiteres Allegro in G-Dur folgte, ein beruhigendes Konzertende - und erneuter stürmischer Beifall.

23.10.22

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