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Ein vierfach-himmlisches Tohuwabohu


V.l. Pierre Charial, Michael Riessler, Jean-Louis Matinier und Renaud Garcia-Fons. (Fotos:Richter)

(hr) (ra) Auf der Bühne stand zwischen Lautsprecherbatterien eine einsame Drehorgel. Das Flair der Straßenmusikanten und der Perfektionismus der Moderne durchdrangen sich, als Pierre Charial und Michael Riessler ans Werk gingen. Wer gestern die Jazztage besuchte, erlebte eines jener Konzerte, die man nicht vergisst.
Charials Drehorgel passte nicht in den Aufzug, so wurde im großen Saal der Stadthalle gespielt, was zumindest akustisch kein Schaden war. Da der Zug von Renaud Garcia-Fons (Kontrabass) und Jean-Louis Matinier zwei Stunden Verspätung hatte, konnte man zunächst die Besetzung Drehorgel/Bassklarinette, später Akkordeon/Kontrabass, am Ende dann das Quartett erleben. Die klanglichen Konstellationen, die sich so ergaben, waren schlichtweg unerhört und rational kaum nachvollziehbar: Die Bahn macht’s möglich.
Charials Drehorgel ist mit edlen hölzernen Pfeifen bestückt, wie ein kleines Orgelregal. Die Pappstreifen, die er in perfektem Timing hindurchkurbelt, fertigt er allesamt von Hand selbst. Anhand der Stapelhöhe seiner "Datenträger" kann man die zeitliche Einteilung der Nummern abschätzen. Sein eminentes musikalische Können besteht darin, das Kurbelrad um kein Mikron zu langsam oder zu schnell zu drehen, gilt es doch, die vertracktesten Rhythmen im Zusammenspiel punktgenau zu platzieren. Sein erster Partner am Montag, Michael Riessler, arbeitet mit Bassklarinetten oder dem Sopranino-Sax. Er kann minutenlange Linien blasen, ohne abzusetzen, was einer völlig neuentwickelten Atemtechnik zu verdanken ist, die es erlaubt, gleichzeitig Luft zu holen und weiterzuspielen. Im Zusammenklang mit der Drehorgel ergab sich ein Klangbild, das vielleicht am ehesten als eine Melange aus Flair und coolem Nihilismus beschrieben werden könnte. Alles war wohl elaboriert und stand Kompositionen der französischen "ernsten" Moderne à la Francaix qualitativ in nichts nach. Riessler kann die Klappen beim Anblasen fast zeitgleich knallen lassen und so den Eindruck gezupfter Töne auf einem Blasinstrument erzeugen. Schloss man die Augen, so hörte man phasenweise ein balinesisches Gamelanorchester, futuristisch anmutende Maschinenmusik, oder einen indischen Schlangenbeschwörer, freilich verfremdet, wenn Riessler mit extrem schneller Flatterzunge druckvoll blies.
Dann Pause, neuer Soundcheck und Szenenwechsel: Auf dem Hocker saß Jean-Louis Matinier mit einem funkelnden Knopfakkordeon, daneben stand Renaud Garcia-Fons mit seinem riesigen 5-Saiter. Der "Paganini des Kontrabasses" ist ein Meister der Bogenführung. Er kann sein Instrument damit singen lassen wie eine Diva, die das hohe C spielend und mit der größten Emphase zu nehmen weiß. Er kann es zittern und beben lassen, in tiefer Lage grollen, wimmern wie eine singende Säge, säuseln wie eine Äolsharfe oder hämmern wie Drums, sei es mit dem Bogen oder den Händen, die wie beim Bongospiel auf die hölzernen Zargen an verschiedene Stellen trommeln und so ein melodisches Percussionsspiel ermöglichen. Matiniers Akkordeon ist ein handwerkliches Meisterwerk, welches eine gediegene klangliche Brillanz verströmt. Dennoch macht es alles mit: Cluster, also mit der flach aufgelegten Hand fabrizierte Tontrauben, Tremoli oder ein sphärisches Raunen, wenn der Spieler die Luftzufuhr fast zum Stillstand bringt. Das Publikum lauschte gebannt, an manchen Stellen wie hypnotisiert. Spontaner Szenenapplaus war eher verpönt, wer wollte auch in solche oft fragilen Klangwunder eingreifen. Eine Zugabe im virtuos verbrämten Bluegrass-Stil zauberte dann ein Lächeln in die Gesichter.
Schließlich war es so weit und alle vier Originale standen auf der Bühne. Die Drehorgel gab den Rhythmus vor und ein vierfach-himmlisches Tohuwabohu, welches in heftigen Applaus mündete, erfüllte den Saal.

08.10.02

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