20.04.2024

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Wie Eberbach 1918 bis 1945 zur Hochburg des Nationalsozialismus wurde


Autor Bruno Schmitt (Fotos: Hubert Richter)

(hr) In einem neu erschienenen Buch ist auf 176 Seiten nachzulesen, wie sich Eberbach von 1918 bis 1945 zur “Hochburg der nationalsozialistischen Bewegung” im Odenwald entwickelt hat.

Verfasser ist der langjährige Eberbacher Stadtrat und ehemalige Leiter der Theodor-Frey-Schule, Bruno Schmitt, unterstützt mit wissenschaftlicher Beratung durch den früheren Eberbacher Stadtarchivar Dr. Rüdiger Lenz.
Schmitt spürt in dem Buch vor allem den Gründen nach, warum so viele Menschen den Verführungen des Nationalsozialismus erlagen - auch und gerade in Eberbach. Das NS-Regime allein hat mit meist unmenschlichen Grausamkeiten und kaltblütigen Mechanismen rund 20 Millionen Menschen umgebracht. Weltweit hat der von Adolf Hitler 1939 begonnene 2. Weltkrieg etwa 70 Millionen Menschen das Leben gekostet.

Es gibt keine einfachen Antworten auf die Frage, wie so etwas möglich war. Bruno Schmitt ist sich mit vielen Historikern darin einig, dass die Ursachen zum großen Teil schon im Ergebnis des 1. Weltkriegs lagen, nämlich im Friedensvertrag von Versailles mit seinen für Deutschland als schier unerträglich empfundenen Auflagen, die zu einem Erstarken nationaler Strömungen führten. Diese mündeten schließlich darin, dass viele in dem 1889 geborenen, als Maler gescheiterten “Schriftsteller” und offenen Rassisten Adolf Hitler (für Schriftsteller Hermann Kesten “ein Tyrann, der wie ein Halbidiot sprach, dachte und sich gerierte”) einen messianischen Führer sahen, der mit seiner Partei NSDAP Deutschland wieder zu Selbstbewusstsein und nationaler Stärke, zu Wohlstand und damit zu einer guten Zukunft verhelfen könnte - in der Diktatur des proklamierten “Tausendjährigen Reich”, das schließlich “nur” zwölf Jahre überdauerte und von 1939 bis 1945 in einer Katastrophe endete.

Bruno Schmitt zeichnet in dem Buch die Entwicklungen und Ereignisse in der „Hochburg der nationalsozialistischen Bewegung im Odenwald“ vom Kaiserreich bis zu den Jahren nach 1945 nach. Er geht vor allem auf die Personen ein, die dabei eine wesentliche Rolle spielten, beispielsweise die Bürgermeister Dr. John Gustav Weiss und Dr. Hermann Schmeißer, der in Lindach geborene Gauleiter und Reichsstatthalter von Baden, Robert Wagner, sowie vor allem führende Manager der 1921 in Eberbach gegründeten “Odin-Werke”, unter ihnen Hitlers Wirtschaftsberater und späterer Staatssekretär Wilhelm Keppler. Gute Kontakte in höchste NS-Kreise (Robert Wagner war zusammen mit Hitler 1923 in München am “Hitler-Ludendorff-Putsch” beteiligt) sorgten dafür, dass Eberbach für die Partei eine wichtige Basis zwischen Neckar und Main wurde. Adolf Hitler selbst besuchte die Stadt am 1. November 1927 und hielt im Hotel “Krone-Post” eine Rede, weitere Besuche des “Führers” in Eberbach und der Region folgten. Die starke Unterstützung des Nationalsozialismus durch zahlreiche Eberbacher “Eliten” und Vordenker schlugen sich auch in den Wahlergebnissen für die NSDAP nieder.

Ein wesentliches Anliegen Bruno Schmitts ist es, mit dem informativen Buch nachfolgenden Generationen zu vermitteln, dass sie wachsam bleiben müssen, um nicht menschenverachtenden Ideologien zu verfallen, wie es ihren Vorfahren ergangen ist. Zu den Fragen am Ende des Buches gehört auch diejenige, warum die Eberbacher im Jahr 1954 mit fast 75 Prozent ausgerechnet Dr. Hermann Schmeißer wieder zum Bürgermeister gewählt haben. Schmeißer hatte in der NS-Zeit zwar viel Gutes für die Stadt bewirkt, hatte aber auch nie aus seiner Sympathie für die diktatorischen Strukturen des Regimes einen Hehl gemacht.

Das mit 126 Schwarzweiß-Fotos bebilderte Buch ist im Verlag Regionalkultur (Ubstadt-Weiher) erschienen und ist im Eberbacher Buchhandel sowie bei der Tourist-Info zum Stückpreis von 19,90 Euro erhältlich.

31.07.21

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