Treffen der Legenden (Fotos: Thomas Wilken)(tom) Es war ein Treffen der Legenden beim 41. Finkenbach-Festival im kleinen Oberzent-Stadtteil. Erstmals seit langen Jahren standen „Guru Guru“ und „Kraan“ wieder auf der Bühne. Das „Woodstock des Odenwalds“ verzeichnete an zwei Tagen einen überragenden Besuch, der fast an die Zahlen der ausverkauften Veranstaltung von 2019 heranreichte. Denn auch die anderen Bands waren allererste Sahne und unterhielten die Fans bis tief in die Sommernächte.
Herrliches Festivalwetter am Samstagnachmittag, fast zu warm, lieĂź die Besucher in Massen in den Odenwald strömen. Das diesjährige Programm war vom Feinsten – nicht nur wegen des Auftritts der beiden Krautrock-Urgesteine. Bereits am Freitagabend füllte sich der Festivalplatz rasend schnell. Denn mit „Peter Pankas Jane“ und Klaus Walz stand eine Truppe auf der Bühne, die mit ihrem druckvollen, melodiösen Sound zu begeistern wusste.
Starke Anklänge an Uriah Heep durch den fetten Orgelsound lieĂźen die frühen 70er-Jahre wieder auferstehen – eine Zeit, in der dem Anschein nach etliche Besucher auch schon auf den Konzerten dieser und anderer Bands waren. Die Musik kam so gut an, dass lautstark eine Zugabe gefordert und gewährt wurde. Gegenüber den Vorjahren war der Publikumsandrang deutlich stärker.
Mit „Agitation Free“ stand danach ein „Newcomer“ auf der Bühne – aber nur deshalb, weil die Berliner das erste Mal beim Finkenbach-Festival zu Gast waren. Denn die Band zählte bereits in den frühen 70er-Jahren zu den führenden Vertretern der deutschen experimentellen Rockmusik. Ihre besondere Mischung aus Rock-Impros, gepaart mit verschiedenen anderen Musik-Elementen, bescherte ihr früh Kultstatus. Von zwischenzeitlichen Stromausfällen, deren Ursache aber gefunden wurde, lieĂźen sich die Mannen um Lutz „Lüül“ Graf-Ulbrich nicht beeindrucken.
Eingängig, hypnotisch, perlend kamen die Songs rüber. Musikalisch eine ganz andere Nummer als ihre Nachfolgerin auf der Bühne, Rosalie Cunningham. Diese unternahm einen höchst unterhaltsamen Streifzug durch klassischen Psychedelic, Progressive und Hard Rock. Auch ein paar Pop- und Folk-Elemente klangen ab und zu durch. Das Ganze jedoch nicht nach der 08/15-Schablone, sondern raffiniert arrangiert, mit interessanten Breaks und Klängen. Kein Stück glich dem anderen.
Die Schweizer von „Dirty Sound Magnet“ rissen mitten in der Nacht noch einmal alle mit. Um die 600 Fans hielten es bis um 1 Uhr aus, als die Band mit einer Intensität losrockte, als gäbe es kein Morgen. Für manche war das der beste Auftritt des Tages und sowieso ein krönender Abschluss des ersten Tages. Das Trio aus dem Alpenland machte deutlich, warum es im Frühjahr eine in zahlreichen Locations ausverkaufte Tour spielte.
Einen mehr als guten Eindruck hinterlieĂź als Opener des zweiten Tags die junge Band „Kant“ aus Aschaffenburg. Sie trotzte der Hitze mit druckvollen Hardrock-Songs Marke Black Sabbath oder Deep Purple. Genau das passende Material für einen heiĂźen Sommernachmittag hatten „Dr. Woggle & The Radio“ aus Weinheim mitgebracht. Mit dem fulminanten Bläsersatz begannen auch beim Letzten die Beine zu zucken.
Dann kam der Moment, auf den sie alle gewartet hatten: die Rückkehr von „Guru Guru“. Seit 2019 waren die Mitgründer des Finkenbach-Festivals dort nicht mehr auf der Bühne gestanden. Mani Neumeier und seine Musikerkollegen wurden frenetisch gefeiert. Das beflügelte: Die Band zeigte sich von einer ungeheuren Spiellaune. Sämtliche Klassiker inklusive dem „Elektrolurch“ wurden aus dem Hut gezaubert.
Mani lieĂź es sich nicht nehmen, sein Solo auf Schüsseln und Deckeln am Bühnenrand zu zelebrieren. Roland Schaeffer (Gitarre und Saxophon), Peter Kühmstedt (Bass) und Zeus B. Held (Keyboards) spielten sich in einen wahren Rausch an ihrer „Homebase“. Manchen jüngeren Musikern dürfte angesichts dieser Energie der Mund vor Staunen offen gestanden haben. Die Gruppe wurde frenetisch gefeiert. Es fühlte sich fast nach einem Abschied an, denn Mani Neumeier – der danach noch lange am Merchstand Platten und CDs signierte – ist mit seinen bald 85 Jahren nicht mehr der Jüngste.
„Kraan“ gehören inzwischen zum Festival wie das Salz zur Suppe. Peter Wolbrandt, Hellmut Hattler und Jan Fride, unterstützt von Keyboarder Martin Kasper, lieferten bewährt ihre Mixtur aus Jazz und (Kraut-)Rock ab. Auch sie wurden von den Fans wie jedes Jahr ohne Ende gefeiert. Ein medizinischer Notfall, der zum Glück glimpflich verlief, sorgte danach für eine längere Unterbrechung.
Doch die Münchner von „Colour Haze“ machten um Mitternacht klar, dass an Schlaf noch lange nicht zu denken war. Es dröhnte eine Power aus den Boxen, dass alle, die zuvor vielleicht vor sich hindämmerten, schlagartig wieder da waren – und mit dem Trio kräftig krautrockig mitfeierten.
Traditionell beschloss der Mann das Festival, der das schon seit ein paar Jahren macht: der Xavier-Naidoo-Gitarrist Alex Auer mit seiner „Banda“. Nicht nur Keyboarder Xaver Fischer und Bassist Carsten Kulina waren dieses Mal neu dabei, auch die Musik hatte sich gegenüber den früheren Gigs mit den Detroit Blackbirds gewandelt. Zwei Stücke von Mitmusiker Adax Dörsam wurden gespielt, auĂźerdem viele eigene, teilweise neue Songs des Heidelberger Sängers und Gitarristen.
Auer sorgte wie in den Vorjahren für einen tollen Ausklang des wie immer sehr friedlich und harmonisch verlaufenen Festivals. Angesichts der überaus positiven Bilanz, die die Verantwortlichen des FCF zogen, wird es natürlich 2026 eine Fortsetzung geben: Das 42. Finkenbach-Festival findet am 7. und 8. August des kommenden Jahres statt.
11.08.25
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